Die österreichische Spezialistin Univ. Prof. Dr. Gabriele Moser erklärt,
was die Bauchhypnose bewirken kann. Eigentlich klingt „Reizdarm“ viel zu harmlos für die Beschwerden, die damit verbunden sind und von Krämpfen und Stechen über schmerzhafte Blähungen und Durchfall bis zu Verstopfungen reichen. Beim Reizdarmsyndrom ist die hochempfindliche Körpergegend Magen-Darm-Trakt bei weitem nicht nur etwas „gereizt“. Die Verdauung wird zur Qual und damit ein grundlegender Lebensvorgang, der für unsere Versorgung mit Nährstoffen und Energie unerlässlich ist. Zehn bis 15 Prozent sind betroffen, in Österreich ebenso wie in anderen westlichen Industrieländern. Was hinter ihrem Problem steckt? „Grundsätzlich kommen mehrere Auslöser in Frage, die aber letztlich immer dazu führen, dass die Schmerzschwelle für Reize aus dem Magen-Darm-Trakt sehr stark sinkt“, erklärt Univ. Prof. Dr. Gabriele Moser, Leiterin der Spezialambulanz für gastroenterologische Psychoso matik an der Universitätsklinik für Innere Medizin III in Wien. Der Kern des Problems liegt also, wie man heute weiß, in der Reizleitung im Nervensystem bzw. in der Kommunikation zwischen Bauchhirn und Großhirn. Außerdem weiß man heute, dass Stress eine zentrale Rolle bei der Entstehung eines Reizdarmsyndroms spielt. Und man erkennt immer deutlicher, dass Behand- lungsmethoden, die am Nervensystem bzw. der Psychosomatik ansetzen, die besten Erfolgsaussichten haben. Dabei sticht vor allem eine Therapieform heraus: die Bauchhypnose. Hilfe zur Selbsthilfe „Die Bauchhypnose wurde vor mehr als 20 Jahren in England entwickelt und ist heute eine medizinisch anerkannte Entspannungshypnose“, erzählt Moser und führt aus: „Es gibt eine Reihe von Studien, die ihre Wirksamkeit beweisen. Nicht nur das, es hat sich auch gezeigt, dass mit der Bauchhypnose bessere Erfolge erzielt werden können als mit allen anderen Methoden, die heute zur Verfügung stehen.“ Das wurde unter anderem bei der Analyse aller diesbezüglichen Studien gezeigt, die bei einem großen internationalen Gastroenterologen-Kongess in Wien kürzlich präsentiert wurde. So wie bei anderen anerkannten therapeutischen Verfahren mit Hilfe von Hypnose, stehen bei der Bauch- hypnose Entspannung, Wärme und Rhythmizität von Lebensvorgängen im Vordergrund. Im Sitzen oder Liegen werden die Patientinnen und Patienten zuerst dabei unterstützt, sich tief zu entspannen. Dann kommen Suggestionen zum Einsatz, die dabei helfen, den Körper zu spüren, die Schwere des Körpers, die Atmung und vor allem Wärme. Die warmen Hände werden auf den Bauch gelegt, je nach individueller Vorliebe macht man sich Bilder von regelmäßigen Abläufen gegenwärtig, seien es die Meereswellen an einem ruhigen Strand, sei es das gleichmäßige Fließen eines Flusses. Faszinierend bei der Bauchhypnose ist der Langzeiteffekt. Eine Therapie besteht im Allgemeinen aus einer Sitzung pro Woche und das zehn bis zwölf Wochen lang. „Es gibt mittlerweile Langzeitbeobachtungen, die schon acht bis zehn Jahre lang laufen“, berichtet Moser, „und diese beweisen, dass der Erfolg länger anhält als bei anderen Therapien.“ Das ist auch darauf zurückzuführen, dass es sich dabei um eine echte „Hilfe zur Selbsthilfe“ handelt, denn die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper verändert auch tatsächlich das Verhältnis zum eigenen Körper. Bauchhirn an Großhirn Dass der „Bauch“ im Leben viel mitzureden hat, ist nicht neu. Dieses alte Erfahrungswissen spiegelt sich in zahlreichen Redensarten vom „Bauchgefühl“ bis zu den Sorgen und Nöten, die einem „im Magen liegen“. Nun liefert die Wissenschaft immer mehr Beweise für dieses Phänomen. Die Darmwand ist nämlich von Abermillionen von Nervenzellen umhüllt. Diese bilden ein Geflecht, das so umfangreich ist wie das Rückenmark. Daher ist die Bezeichnung „Bauchhirn“ oder „zweites Gehirn“ durchaus gerechtfertigt. Zwischen dem Bauchhirn und dem Großhirn gibt es eine Vielzahl an Nervenverbindungen und damit einen regen Austausch. Ständig werden Botschaften über den Zustand des Körpers an das Großhirn gesandt, die unser Empfinden über den „Allgemeinzustand“ wesentlich prägen. Umgekehrt laufen auch ständig Botschaften vom Großhirn an den Verdauungstrakt. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Wechselwirkungen zwischen Bauchhirn und Großhirn hat auch zur Entstehung einer neuen wissenschaftlichen Disziplin geführt, der Neuro-Gastroenterologie. Sie beschäftigt sich u. a. mit der Ausarbeitung von Behandlungsmethoden für so genannte funktionelle gastrointestinale Störungen wie das Reizdarmsyndrom. Und sie kann schon einige beachtliche Erfolge verzeichnen wie eine so effektive und absolut nebenwirkungs- freie Methode wie die Bauchhypnose. Übrigens: Die Bauchhypnose hilft auch bei Kindern und das hervorragend. Reizdarm und Unverträglichkeit Beim Reizdarmsyndrom handelt es sich um eine so genannte funktionelle Störung. Das heißt, dass mit den heute zur Verfügung stehenden diagnostischen Methoden keine organische Ursache feststellbar ist. Es gibt aber mehrere mögliche Auslöser, zu denen, wie man inzwischen weiß, auch Nahrungsmittel- unverträglichkeiten gehören. Dabei stehen Laktose bzw. Fruktose und Sorbitol im Vordergrund. Tatsächlich liegt bei rund drei Viertel der Betroffenen eine solche Unverträglichkeit vor. Die Diagnose kann je nach individueller Ausgangslage mehrere Schritte umfassen. Eine Blutuntersuchung zur Erfassung einer Entzündung, eine Untersuchung des Stuhls auf (eventuell verstecktes) Blut und bei Hinweisen auf eine Entzündung oder Blut im Stuhl eine Darmspiegelung. Ab dem 40. Lebensjahr wird sie zur Diagnostik des Reizdarmsyndroms jedenfalls empfohlen. Dieser Bericht wurde mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt von: MEDIZIN populär Verlagshaus der Ärzte GmbH Wien www.medizinpopulaer.at
Die Bauchhypnose
Reizdarmsyndrom: Hypnose hilft
Von Dr. Karin Gruber
Kein Zweifel, das „Bauchgefühl“ gibt es wirklich.
Neue Forschungen liefern eindeutige Erkenntnisse über die engen Zusammenhänge zwischen psychischen Faktoren und dem Darm. Und so steht inzwischen fest, dass auch Stress eine wesent- liche Rolle für die Entstehung des Reizdarmsyndroms spielen kann. Eine neue Behandlungsmethode soll nachhaltig Abhilfe schaffen. Wenig verwunderlich: Sie hat mit Ruhe und Entspannung zu tun. |